Aus dem wissenschaftlichen Programm des 86. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in Dresden: Mittwoch, 18. September 2013, 12:05-12:20
Zentrale Steuerung von Gang und Gleichgewicht bei neurodegenerativen Erkrankungen: Neue Aspekte der Pathophysiologie und Therapie
J. Klucken, J. Barth, M. Jung, W.E. Hofmann, W. Käfferlein, B. Eskofier, J. Winkler (Erlangen, Bamberg, Aschaffenburg)
Fragestellung
Ziel der Studien ist die Entwicklung eines Untersucher unabhängigen, mobilen Ganganalyse Systems, welches über in Kleidung integrierte Bewegungssensoren und Mustererkennungsalgorithmen eine objektive und individualisierte Erfassung von Parkinson-spezifischen Motorsymptomen in Korrelation zum UDPRS-III ermöglicht.
Objektive und untersucherunabhängige Analyse von Motorsymptomen beim Parkinson Syndrom (PS) stellt eine große Herausforderung an die Medizintechnik dar. Die typischen Motorsymptome Bradykinese, Rigor, Tremor und Posturale Instabilität definieren die klinische Diagnose des PS und werden über spezifische Skalen wie der „Unified Parkinson Disease Rating Scale (UPDRS – Part III)“ subjektiv erfasst. Objektive und einfach anzuwendende Diagnostik-Methoden fehlen hier derzeit. Bewegungssensor basierte Bewegungsdiagnostik wird derzeit weiterentwickelt, um die spezifischen Gangstörungen des PS individuell zu erfassen, quantitativ zu bewerten und somit substanziell die klinische Evaluation des PS zu unterstützen.
Methoden
Wir haben ein integriertes Ganganalysesystem entwickelt (eGaIT: embedded Gait analysis using Intelligent Technology). eGaIT besteht aus Inertialsensorik (3D-Akkzelerometer, 3D-Gyroskop), die an den Schuh des Patienten angebracht werden kann. Mit diesem System wurden 92 PS Patienten und 81 Kontrollen mit standardisierten Gangtests untersucht. Mittels Verfahren der Mustererkennung berechnet eGaIT automatisiert das Hoehn und Yahr Stadium und der UPDRS-III Motorscore individuell für jeden Patienten.
Ergebnisse
Die automatisierte Klassifikation der Hoehn und Yahr Stadien ergab eine korrekte Klassifikationsrate von bis zu 91% bei zunehmender Stadienausprägung (H&YIII: 100% Sensitivität, 82% Spezifität). Darüber hinaus konnte mittels multiparametrischer Regressionsanalyse der UPDRS-III individuell vorhergesagt werden, mit einem Korrelationskoeffizienten von 0,61 und einem absoluten Fehler von 6,8 Punkten.
Schlussfolgerung
Die automatisierte Ganganalyse eGaIT ist in der Lage, PS-spezifische Bewegungsmuster zu erkennen, Krankheitsstadien zu identifizieren und UPDRS-III korrelierte Bewegungslevel zu erfassen. Dies erlaubt daher ein untersucherunabhängige, komplementäre und quantitative Diagnostik von Bewegungsstörungen beim PS. Dies kann bei klinischen Studien zu einer Varianzreduktion führen. Durch die mobile Einsatzfähigkeit können zukünftig auch Tagesverläufe der Bewegungseinschränkung im häuslichen Umfeld erfasst werden.